Pilgerweg Loccum-Volkenroda

Unser Kirchspiel liegt nahe am Pilgerweg Loccum-Volkenroda: Schon jetzt kommen Pilgerinnen und Pilger auf ihrem Weg gern auch in unsere schöne alte Kirche und Kapelle. Herzlich Wilkommen!

Im Augenbilck wird der Nebenweg über das Kloster Möllenbeck ausgeschildert: "Pilgern im Wesertal" und unsere Kirche wird offiziell eine "Pilgerrast". Darüber freuen wir uns!

Unser "Pilgerbeauftragter" ist Hermann Meier.

Die Idee und was Sie über den Pilgerweg wissen sollten

Am Anfang des beinahe 300 km langen Pilgerweges Loccum-Volkenroda stand die Idee eines Buches. Der Autor Jens Gundlach – ehemals Redakteur der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung – ist die Strecke vom Kloster Loccum, nordwestlich von Hannover, zum Kloster Volkenroda, bei Mühlhausen in Thüringen, gewandert, worüber er in seiner Zeitung einen Reisebericht veröffentlichte. Das Echo darauf war so groß, dass er von vielen Seiten dazu aufgefordert wurde, ein ganzes Buch hierüber zu verfassen. Es erschien 2005 unter dem Titel: „Zwischen Loccum und Volkenroda. Ein Pilgerbuch.“ Gleichzeitig ist die Idee geboren worden, mehr als nur ein Buch zu machen: Im Hinblick auf den Evangelischen Kirchentag 2005 in Hannover wurde parallel zum Buch ein markierter Weg – der Pilgerweg – geschaffen. Einzeln, zu zweit oder in Gruppen kann auf ihm nun gewandert und gepilgert werden. Die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers wurde die Trägerin des Projektes. Es wurde ferner durch die Klosterkammer Hannover gefördert.

Die offizielle und feierliche Eröffnung fand am 06. April 2005 durch Landesbischöfin Dr. Margot Käßmann in Hameln statt. Neben der Ausschilderung wurde für den Pilgerweg die Homepage www.Pilgerprojekt.de eingerichtet und entwickelt. Sie ist ein Serviceangebot, das über den Weg und das Projekt sowie über Aktuelles eingehend informiert, aber auch eine selbstverantwortliche Reiseplanung über Links zu Sehenswürdigkeiten, einigen schon vorhandenen Pilgerherbergen und zu den örtlichen Tourismus-Informationen über die Interaktive Karte ermöglicht.

Auf den Pilgerwegen gibt es für die Pilger bereits an vielen Orten Möglichkeiten, sich für die Reise segnen zu lassen oder an Andachten teilzunehmen. Auch kann ein Pilgerpass erworben werden, auf dem sich die Stationen des Weges eintragen lassen. Gegen Vorlage dieses Pilgerpasses können Pilger schon hier und da eine Vergünstigung fürs Essen oder die Übernachtung bekommen.

Was verbindet außer einem Buch Loccum und Volkenroda noch, warum wurde gerade zwischen diesen beiden Stätten ein Pilgerweg geschaffen? Beide Klöster sind Gründungen des Reformordens der Zisterzienser aus dem 12. Jahrhundert. Loccum ist das Tochterkloster Volkenrodas. Von Volkenroda brachen also einst Mönche auf, um nach einer beinahe 300 km langen Wanderung in Loccum ein neues Kloster zu Gründen.

Der Pilgerweg bei Volkenroda

Der mit Wegmarken ausgezeichnete Weg führt auf einer rund 300 km langen Strecke an der Weser, der Leine und der Unstrut entlang, über Wesergebirge, Vogler und Solling sowie durch das Eichsfeld.  

 

 

Zahlreiche weitere Klöster, in denen inzwischen verschiedene Konfessionen beheimatet sind, finden sich auf diesem Pilgerweg. Er bietet sich an als ein Stück Selbstbesinnung in hektischer Zeit. Dazu gehören die Wahrnehmung von Natur, Geschichte und Kultur.

Der Weg verbindet nicht zuletzt zwei der bedeutendsten nord- und mitteldeutschen Kulturlandschaften, die vor noch nicht allzu langer Zeit durch den Todesstreifen der ehemaligen DDR-Grenze getrennt waren. Gebäude und Landschaft spiegeln heute noch das wechselhafte Mit- und Gegeneinander der beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland wider.

Der Pilgerweg Loccum-Volkenroda ist in seinem Verlauf nicht als historischer Weg zu belegen. Der Weg folgt aber den historischen Spuren, den vornehmlich die Zisterzienser zwischen den Klöstern Loccum und Volkenroda hinterlassen haben. Er ist ein neugeschaffener, fiktiver Weg auf alten Pfaden. Gleichwohl kann es als sicher gelten, dass die Zisterziensermönche einst die Wege genommen haben, die sie an den zwischen beiden Klöstern liegenden Zisterziensergründungen entlang führten, ähnlich wie der neue Pilgerweg Loccum-Volkenroda nun führt.

Die Auszeichnung des Weges – Die Wegmarke

Der Pilgerweg ist mit Wegmarken ausgezeichnet, deren Grundmotiv ein Radkreuz bildet. Die Vorlage der Wegmarke ist ein mittelalterliches Steinrelief über dem Eingang zur ehemaligen Frauenkapelle Loccums. Heute befindet sich an dieser Stelle innerhalb der Toreinfahrt zum Kloster der Eingang zum „Klosterladen“. Die Auszeichnung ist inzwischen weitgehend abgeschlossen. Lücken hier und da werden sich aber wohl nie vollständig vermeiden lassen. Die Lebendigkeit der Welt sorgt unvermeidlich dafür. Am Weg wird es immer wieder kleine „Baustellen“ geben. Der Pilgerweg Loccum-Volkenroda ist zwar ein neugeschaffener, fiktiver Weg, er führt aber auf alten Spuren entlang.

Pilgern – Begriff und allgemeiner Hintergrund

Das Christentum kennt wie auch andere Hochreligionen das Pilgern. Es gehörte von Anfang an dazu, auch wenn es im christlichen Bereich, anders als beispielsweise im Islam, nie eine fundamentale Verpflichtung zur Pilgerfahrt gegeben hat. Schon die ersten Christen suchten die Stätten des Wirkens Jesu auf. Allgemein versteht man unter dem Begriff „Pilgern“ das religiös motivierte Unterwegssein zu einem Ort besonderer Heilsvermittlung.

Unsere heutigen Wörter „Pilger“, „pilgern“ usw. gehen zurück auf das althochdeutsche Wort „piligrim“. Dieses leitet sich wiederum her von „pelegrinus“, einem Wort aus dem mittelalterlichen (Kirchen-) Latein, eine Abwandlung von „peregrinus“ des klassischen Lateins. Das dazugehörige Verb ist „peregrinari“.

„Peregrinus“ setzt sich zusammen aus den beiden Wörtern „per“ (über, durch) und „ager“ (Acker). Ein Pilger, ein „peregrinus“, ist sonach jemand, der „über den Acker“ (per ager), also durch das Land, über das Land, in die Fremde geht. „Peregrinari“ heißt folglich „pilgern“, „wandern“, „unterwegs sein“, „in der Fremde sein“. Mit „peregrinus“ bezeichnete man aber auch denjenigen, der im Exil war.

Pilgern in der Evangelischen Kirche

Gerade weil ein spezifisch protestantisches Pilgerverständnis erst in Ansätzen formuliert ist, bietet der geplante Pilgerweg Loccum-Volkenroda die Chance, hier neue Impulse zu setzen. Weithin unbekannte protestantische Traditionen und Wurzeln warten auf dieser Strecke auf ihre Wiederentdeckung. Nur einige wenige Beispiele:

  • Der Pilgerweg Loccum-Volkenroda selbst kann als ein Symbol für die Geschichte des Protestantismus gesehen werden: Er führt durch stark durch das Luthertum und die Reformation geprägte Landschaften des südlichen Niedersachsens, aber wiederum auch durch das ebenso stark durch die Gegenreformation geprägte Eichsfeld. Er berührt ferner Orte, die mit Ereignissen des Dreißigjährigen Krieges, eines wenigstens in Teilen religiös motivierten Krieges, im Zusammenhang stehen, um schließlich in Volkenroda bei Mühlhausen zu Spuren des Bauernkrieges und Thomas Müntzers zu gelangen. Auch findet sich am Rande dieses Pilgerweges, in Hämelschenburg, der älteste eigenständige protestantische Kirchenbau der Welt.
  • Des weiteren war das auf dem Weg liegende Kloster Bursfelde Ausgangspunkt einer historisch bedeutenden Reformbewegung aus dem Jahrhundert vor der Reformation. Es war das Zentrum einer Reformkongregation von weit über 100 Klöstern, die sich von Niedersachsen über Schleswig-Holstein, Westfalen, Hessen und Thüringen bis nach Dänemark, Belgien und den Niederlanden erstreckte. Leitende Gedanken dieser sogenannten „Bursfelder Reform“ waren später auch für die Reformatoren von Bedeutung.
  • Schließlich kann die Spiritualität der Zisterzienser als eine der tiefer liegenden Wurzeln des Protestantismus gesehen werden. Die Liturgie der Zisterzienser, die sich auf einfache und auf das wesentliche reduzierte Formen stützte, sowie die Schlichtheit ihrer Kirchen, weisen bereits auf Gedanken und Vorstellungen hin, wie sie wieder am Ende des Mittelalters in der Reformation wichtig wurden. Und als wohl den einzigen Theologen aus dem Mittelalter schätzte Martin Luther Bernhard von Clairvaux in besonderem Maße. Er war für ihn einer der letzten „Kirchenväter“. Bernhards Mystik und Spiritualität beeinflusste Luthers Denken bewusst und unbewusst.

Der Pilgerweg Loccum-Volkenroda ist also ein Weg, der den Wanderer zu Wurzeln der protestantischen Geschichte und des protestantischen Denkens führen kann. Die Geschichte dieser Strecke eröffnet damit durchaus eine Möglichkeit, Pilgern als Form christlich-evangelischer Glaubenspraxis zu entdecken.